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Wer sich bei allen beliebt machen will, wird schnell beliebig.
Wer sich bei allen beliebt machen will, wird schnell beliebig.
Eigentlich bin ich ja kein großer Freund von Kompromissen, schon gar nicht wenn es um Motorräder geht. Deswegen ist der Motorradtyp der Sporttourer eigentlich nie mein Ding gewesen. Vom Grundgedanken her, hat sich da bei mir auch nichts geändert, wenn ich sportlich fahren will, setze ich mich auf einen Supersportler, und wenn ich touren will auf ein Tourenmotorrad. Kawasaki’s Z1000SX¹ war deswegen eigentlich immer mein Antimotorrad und die Dicke ZZR1400² bin ich nie gefahren, bin aber auch nicht unbedingt scharf drauf (das Teil ist mir einfach zu moppelig), wenns sie mir einer mal für ein zwei Tage geben würde, ich würde mich dann aber auch nicht wehren :P.
Kürzlich hatte ich nun die Gelegenheit, eine H2SX einmal über ca. 500 km Probe zu fahren. Die H2SX4 ist quasi eine Mischung aus der Z1000SX¹ und der Ninja H2³ (Kompressor geladener Luxus Sportler). Die Ninja H2³ bin ich ebenfalls noch nicht gefahren und steht noch auf meiner „Ausprobierenliste“.
Meines Vorurteils entsprechend bin ich von vorne herein eher etwas skeptisch an die H2SX gegangen und musste feststellen das ich ihr damit (nicht nur) unrecht tue. Schon auf den ersten Metern beim Rollen vom Hof und durch die Stadt zu mir nach Hause merkte ich gleich, das die H2SX für ihre Dimensionen ausgesprochen handlich ist (zugegebener maßen, war das aber auch schon die Z1000SX). Die H2SX lässt sich ausgesprochen neutral innerorts manövrieren, Größe, Gewicht, Leistung und Ansprechverhalten fallen hier nicht im geringsten Negativ auf. Nach dem ich die H2SX am Morgen abgeholt habe, stand am Abend damit eine Fahrt nach Fulda an, also ca. 140 km Autobahn und am nächsten Morgen noch einmal der gleiche Weg wieder zurück.
Man merkt recht schnell, die H2SX ist für die Autobahn gebaut und das ist ganz sicher auch, was die Ingenieure aus Akashi im Sinn hatten, als sie die H2SX entwickelten. Die H2SX fährt auf der Autobahn wie auf Schienen, Unebenheiten und Bodenwellen gleicht sie mit ihrem komfortabel abgestimmten Fahrwerk unaufgeregt aus. Die H2SX läuft mit bis zu 300 km/h und das angeblich sogar mit Seitentaschen (ich hatte keine Seitentaschen) und trotz des komfortablen Fahrwerks ist das Motorrad dabei bomben stabil. Der Kompressor geladene 4 Zylinder kann auf der Autobahn in jeder Hinsicht punkten. Im Grunde reicht es, nach dem Auffahren auf die Autobahn bis hoch in den 6. Gang zu schalten, von da an braucht man den Schalthebel nicht mehr anfassen, der Motor hat in allen Drehzahlbereich ein so sattes Drehmoment, das er immer sofort nach vorne schiebt. Auf der Autobahn erweist sich das Ansprechverhalten der Maschine als sehr direkt und kräftig aber immer handhabbar.
Die Sitzposition auf der H2SX ist tourentypisch aufrecht und durchaus bequem. Für mich nicht sehr bequem war die Sitzbank. Die Sitzbank ist zwar hochwertig und fühlt sich anfangs angenehm an, nach einiger Zeit drückt der Sitz bei mir aber so ungünstig auf die Oberschenkelinnenseite, dass mir die Beine einschlafen. Ich müsste mir auf jeden Fall eine andere Sitzbank montieren lassen.
Auffallend positiv ist das Windschild, üblicherweise sind die bei Japanern etwas kleiner definiert und bieten Fahrern von europäischer Statur nicht unbedingt den idealen Schutz vor Wind und Wetter. Nicht so bei der H2SX, hier ist das Windschild von Haus aus ausreichend groß und bietet besten Schutz vor Wind und Wetter.
Nach dem ich die H2SX ausgiebig über die Autobahn gescheucht habe hatte ich auch noch einen Abend Zeit, sie im Odenwald über die Landstraßen zu bewegen.
Auf der Landstraße beim sportlichen Kurven räubern offenbart die H2SX dann ihre Schwächen. Sie ist und bleibt eben ein Kompromiss und auch ihre 200 PS (dicht am Supersportler) mit ihren 137,3 Newtonmeter Drehmoment (übertrifft sogar die meisten Supersportler!) können das Gewicht von 256 kg nicht in Luft auflösen. Die Bremsanlage ist zwar ausreichend bissig und lässt sich gut dosieren, aber wenn 256 kg über das Vorderrad nach vorne schieben neigt man schnell zum untersteuern und muss häufig seine Linie nachkorrigieren, dass Gewicht drückt eben nach vorne und in Richtung Kurvenaußenseite.
Auch erwähnen muss man das Ansprechverhalten des Kompressor geladenen Motors beim sportlichen Kurven räubern, denn das ist ausgesprochen direkt und stellt damit hohe Anforderungen an den Fahrer. Das Aggregat schiebt schon bei niedrigen Drehzahlen extrem kraftvoll nach vorne, so das man bei unvorsichtigen Untertourigen rausbeschleunigen aus Kurven und Schräglagen schon fast ein wenig „kamelig“ nach vorne galoppiert. Das Ansprechverhalten und der außergewöhnlich lineare Drehmomentverlauf des Motors können ungeübte Fahrer leicht zu ungewollten Hinterrad Rutschern bringen. Nichts des do weniger lässt sie die H2SX auch ausgesprochen sportlich bewegen, man muss sich nur etwas Zeit nehmen, um sich auf dieses Motorrad ein zu schießen.
Ansonsten verfügt die H2SX über alles, was man im Motorrad-Luxussegment erwarten kann. Die H2SX verfügt über ein hervorragendes TFT Display das alle wesentlichen Informationen übersichtlich darstellt und sogar noch zusätzlich über einen analogen Drehzahlmesser. Gerade die Kombination aus einem analogen Drehzahlmesser und TFT finde ich an der H2SX besonders ansprechend. Außerdem hat sie noch ein LED-Kurvenlicht (soweit ich weis nur in der SE-Version), das ich aber nicht wirklich ausprobieren konnte, ich also nicht bewerten kann. Ferner hat die Kawasaki H2SX eine Griffheizung, die hervorragend funktioniert. Darüber hinaus hat Kawasaki der H2SX noch einen „Quick shifter“ mit Blipper Funktion spendiert, so das man ohne Kupplung Gänge hoch und runter schalten kann. Der „Quick shifter“ samt Blipper funktioniert durchaus gut, aber ich persönliche finde das die extrem sportliche Fahrweise die einen „Quick shifter“ samt Blipper überhaupt erst richtig sinnvoll macht dem Motorrad eigentlich nicht so richtig gut zu Gesicht steht.
Fazit
Die H2SX ist der erste Sporttourer, der mir tatsächlich gut gefallen hat und mich positiv überraschen konnte. Ich könnte mir vorstellen das die H2SX für den geneigten Sportourenfahrer die ultimative Waffe seien könnte. Die H2SX braucht aber in jedem Fall einen erfahrenen Fahrer, der sich die Zeit nimmt, auf die Maschinen ein zu schießen. Fahranfänger schauen sich lieber nach etwas anderen um.
1) Z1000SX
2) ZZR1400
3) Ninja H2
4) H2SX
Bild quelle kawasaki.de